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Montag, 20. Mai 2024

Thesenpapier zum Thema ‚Weblogs und Journalismus’


Der Deutsche Fachjournalisten-Verband (DFJV), Berlin, hat zehn Thesen zum Verhältnis von Weblogs zum klassischen Journalismus veröffentlicht. 

Die neuen Möglichkeiten, im Internet zu publizieren und zu interagieren, werden oft unter dem Begriff ‚Web 2.0’ zusammengefasst. Besonders die Option, ohne großen Aufwand eigene Text-, Video- oder Audiobeiträge im Netz zu veröffentlichen, wird von vielen Nutzern begeistert aufgegriffen. Das hat zur Folge, dass oft vor dem Zerfall des Informations- und Nachrichtenmonopols der klassischen Medien gewarnt wird.

Daraus leiten sich wiederum Stimmen ab, die den Journalismus als solches durch diese Entwicklung gefährdet sehen und daher reflexhaft davor warnen, beziehungsweise diese neue Erscheinung pauschal disqualifizieren wollen.

Der DFJV nimmt daher in seinen Thesen eine differenziertere Betrachtungsweise vor und macht vor allem auf die Chancen aufmerksam, die sich für Journalisten durch die neuen Publikationsformen wie Blogs, Pod- und Videocasts ergeben. Der Verband stellt daher mit seinem Positionspapier zehn Thesen über die gegenseitigen Bezüge zwischen den neuen Publikationsmöglichkeiten des ‚Web 2.0’ und dem klassischen Journalismus auf.

Die zehn Thesen des DFJV lauten:

1. Blogs sind keine Konkurrenz zu journalistischen Angeboten, sondern eine Ergänzung. Sie können nicht auf die Infrastruktur von vollausgestatteten Redaktionen zurückgreifen und sind daher auf die Berichterstattung von Medien angewiesen. Ein Ersatz der traditionellen Medien durch diese neuen Angebote kann schon deshalb nicht stattfinden, weil zahlreiche Blogs Berichterstattung aus den Medien aufgreifen, zitieren und kommentieren und Diskussionen so erst angestoßen werden.

2. Blogs können durch eigene Berichterstattung über Medien die interne Blattkritik ergänzen, wenn sie von den Medien ernst genommen werden. Zudem können Blogs Berichterstattungsfehler aufdecken und so zur gesteigerten Qualität der Medien beitragen. Sie sind daher ein Raum für das unmittelbare Echo der Medienkonsumenten.

3. Auch ‚Leserreporter’ und ‚Leserfotografen" können ein journalistisches Angebot nur ergänzen, niemals ersetzen. Dabei weist der DFJV darauf hin, dass die Leser bei ihren Einreichungen unter Umständen in Konflikt mit dem Presserecht geraten können. Es obliegt der Verantwortung der Verlage, dies durch Prüfung zu verhindern.

4. Blogs können als Quelle für Insider-Informationen, Ideengeber und generelles Recherchemittel dienen. Naturgemäß ist dabei der subjektive Charakter eines Weblogs zu beachten. Eine Prüfung der Inhalte ist obligatorisch, der Journalist bewahrt auch bei Blogs seine Gate-Keeper-Funktion.

5. Obwohl Blogs vor allem Meinungen widerspiegeln, können Journalisten dort auch Expertenwissen in spezialisierten Fach-Blogs finden. Diese Nischen können vor allem für Fachjournalisten wertvoll sein.

6. Blogs sind frei von den wirtschaftlichen und hierarchischen Zwängen des Verlagsbetriebs und verfolgen in der Regel keine kommerziellen Interessen. Damit bieten sie den nötigen Freiraum, um als kreativer Ideengeber für die klassischen Medien dienen zu können.

7. Durch ihre Subjektivität eröffnen Blogs Journalisten einen ungefilterten Blick in Debatten über aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen. Im Idealfall können Journalisten so auf ein breiteres
Meinungsspektrum zurückgreifen und Debatten besser beschreiben.

8. Journalisten können Blogs als Interaktionsinstrument mit ihren Lesern, Zuhörern und Zuschauern nutzen. So kann der Journalist in den Dialog jenseits des Leserbriefes treten. Außerdem hat der Journalist die Möglichkeit, auf dieser Plattform die ‚Geschichte hinter der Geschichte’ darzustellen, etwas was in den klassischen Medien aufgrund Zeit- und Platzmangels nicht möglich ist.

9. Der journalistische Nachwuchs kann bei entsprechender Bereitschaft von den neuen Publikationsformen Blog und Podcast profitieren. Nachwuchsjournalisten können durch diese Kommunikationsformen das Verfassen von Text-, Video- und Audiobeiträgen üben und entsprechende Erfahrung sammeln. Gleichzeitig können sie von der direkten Reaktion ihres Publikums profitieren.

10. Journalisten sollten sich daher der neuen Entwicklung offen und gelassen nähern und diese Formate selbst ausprobieren.

„Eine rückwärtsgewandte Kritik an diesen neuen Publikationsmöglichkeiten bringt die Branche nach Ansicht des DFJV nicht weiter. Es gilt, sich vor allem mit den Chancen dieser ohnehin unumkehrbaren Entwicklung auseinanderzusetzen", sagt Thomas Dreesen, Vorstandssprecher des DFJV. „Gleichzeitig warnen wir davor, dass Verlage versuchen, Medienkonsumenten als Content-Lieferanten zu missbrauchen, um dadurch redaktionelle Ressourcen wegrationalisieren zu können", gab Dreesen zu bedenken. „Um den Qualitätsstandard in einem Medium zu halten und zu steigern, werden auch in Zukunft fachlich qualifizierte Journalisten nicht zu ersetzen sein", erklärt Dreesen weiter.

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(bmw) 31.10.2007

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