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Donnerstag, 09. Mai 2024

„Die CP-Branche steht vor der größten Herausforderung ihrer Geschichte"


Der Umbruch in der Medienlandschaft und die veränderte Mediennutzung führen bei Corporate Publishern ebenso zum Umdenken wie bei den klassischen Verlagen. Der Münchner Kundenmedien-Dienstleister BurdaYukom reagiert auf den Wandel insbesondere mit verstärktem Engagement im Bereich Handy-TV und treibt die Internationalisierung voran. ‚cp-monitor’ sprach mit BurdaYukom-Geschäftsführer Manfred Hasenbeck über die Zukunft der CP-Branche und die aktuellen Entwicklungen in seinem Verlag.

CP Monitor: Herr Hasenbeck, in welche Richtung wird sich Corporate Publishing entwickeln? Wird die Zukunft des Marktes eher im digitalen oder doch im Print-Bereich liegen?
Hasenbeck: Das lässt sich nicht genau trennen. Die Corporate Publishing-Branche steht zurzeit vor der größten Herausforderung ihrer Geschichte. Unser Kerngeschäft ist und wird in den nächsten Jahren definitiv noch Print bleiben. Wir setzen Printpublikationen in den Mittelpunkt, da dieses Genre noch immer die höchste Anerkennung und Glaubwürdigkeit erzielt. Aber wir dürfen die Entwicklung bei elektronischen Medien nicht ignorieren. Auf die Orchestrierung kommt es an: Das heißt, zu einem Kundenmagazin stellen wir ein E-Journal dazu oder bieten im Magazin eine Podcast- oder Vodcast-Möglichkeit an und stärken damit im Grunde genommen Print. Das Magazin bekommt damit eine Navigator-Funktion. Aus unserer Philosophie heraus ist das Magazin noch immer der Mittelpunkt der Kommunikation. Denn bislang gibt es bei aller Dynamik des Internet noch keine Online-Portale, die wirklich großen wirtschaftlichen Erfolg haben.

CP Monitor: Wie wollen Sie dann im Online-Bereich Erfolge verbuchen?
Hasenbeck: Ich glaube, dass Corporate Publisher unter all den Agentur-Wettbewerbern, die sich in diesem Feld bewegen, die größte Chance haben, sich durchzusetzen. Die Technik ist heute nicht mehr das entscheidende Problem. Es kommt vielmehr darauf an, wer den besten Content macht. Und da hat die CP-Branche einen riesigen Vorsprung, was die Qualität der Inhalte und Konzepte betrifft.

CP Monitor: Was macht für Sie ein gutes E-Journal aus?
Hasenbeck: Das E-Journal ist der erste sinnvolle Brückenschlag aus der bisherigen CP-Welt in die Online-Welt. Ein E-Journal muss alle Facetten aufnehmen, die auch ein gutes Magazin bietet. Bei einem Corporate Publishing-E-Journal kommt es auf den Qualitätscontent über mehrere Ebenen hinweg an. Die fortschrittlichsten E-Journals haben bereits Sales-Kanäle, wo der Leser nur noch aufs Knöpfchen drückt, und am nächsten Morgen steht das Produkt vor der Haustür. Zum einen flankiert das E-Journal das Print-Magazin. Zum anderen muss man die gesamte Bandbreite der Kommunikation anbieten, um nicht junge Zielgruppen zu verlieren. Und das sind doch die Kunden von morgen, die ich auf anderen Kanälen erreichen muss. Wenn guter Content verfügbar ist, ist es völlig egal, über welchen Kanal er verbreitet wird.

CP Monitor: Was halten Sie vom Kanal Web-TV?
Hasenbeck: Die derzeit verfügbare Technik reicht noch nicht ganz aus, um wirklich hoch qualifiziertes Online-TV zu produzieren. Aber wir befinden uns momentan in einer Schwellensituation. Der Kern wird allerdings nicht Web-Fernsehen allein sein, ein weiterer Schwerpunkt für den CP-Markt wird im Handy-TV liegen. Informationen von überall aus abrufen zu können, ist meiner Meinung nach der große Trend für die Zukunft.

CP Monitor: FischerAppelt hat vor kurzem die DamilerChrysler-TV-Produktionsgesellschaft übernommen. Wäre dieser Kauf auch für Sie interessant gewesen?
Hasenbeck: Nein. FischerAppelt ist ganz anders aufgestellt als ein Corporate Publisher. Bei uns steht der Qualitätscontent im Vordergrund. Wir, und ich glaube auch kein anderer Corporate Publisher, haben noch nicht die Strukturen aufgebaut, relativ kurzfristig Privatfernsehen zu machen. Man muss vieles ausprobieren, aber darf sich dabei nicht übernehmen. Wir würden unser Kerngeschäft verlassen, wenn wir jetzt voll ins Web-TV-Geschäft einsteigen würden. Das muss in unserer Branche erst noch wachsen.

CP Monitor: Ist Online-TV also eher ein langfristiges Ziel für Sie? 
Hasenbeck: Nein. Es ist ein mittelfristiges Ziel, würde ich sagen. Der Kommunikationsmarkt verändert sich derzeit rasend schnell. Wir haben hier bei uns im Haus eine Art Scout-Channel eingerichtet. Das heißt, wir haben eigene Leute, die den internationalen Internet-Markt permanent beobachten und nach neuen Kommunikationsformen durchforsten. Auf Basis dieser Erkenntnisse prüfen wir, welche Dinge wir adaptieren, weiterentwickeln  und Kunden in unserem Sinne anbieten wollen.

CP Monitor: Könnte Ihrer Meinung nach der Kauf von DaimlerChrysler tv.media der Auftakt für fischerAppelt sein, im CP-Bereich aktiv zu werden?
Hasenbeck: BurdaYukom ist fischerAppelt im Markt nie begegnet. Die eigentliche Kompetenz der Corporate Publisher ist die Verzahnung von Medien. Es ist wenig sinnvoll, ausschließlich Web-TV-Produktionen anzubieten, ohne die gesamte Medienbandbreite zu bedienen. Wenn ein Kunde von uns etwas im Fernsehbereich benötigt, haben wir alle Möglichkeiten hier im Konzern, das zu realisieren. Zudem können wir unter anderem mit Focus TV alle Ressourcen einbinden. Denn alles, was Neue Medien betrifft, ist im Hause Burda im großen Stil vorhanden.

CP Monitor: Auf welchen Gebieten sehen Sie derzeit das größte Wachstum für CP-Verlage?
Hasenbeck: Ganz eindeutig bei elektronischen Medien. Aber es gibt auch Wachstumsfelder in der klassischen Printkommunikation. Darunter schätze ich momentan immer noch die Mitarbeiterkommunikation sehr stark ein. Obwohl noch sehr viel handgestrickte Lösungen bei Inhouse-Medien vorherrschen, geht der Trend ganz klar in Richtung Change-Management mit journalistischen Inhalten, die glaubhaft sind. Und damit sind die Kommunikationsabteilungen der meisten Unternehmen hoffnungslos überfordert. Daher werden in Zukunft mit Sicherheit immer mehr Mitarbeitermagazine – kombiniert mit intelligenten Online-Lösungen – von qualifizierten Dienstleistern produziert. Eine starke Dynamik haben wir momentan auch bei Geschäftsberichten. Immer mehr Unternehmen erkennen, dass ein Geschäftsbericht nicht aus einem Cocktail uralter Pressemittelungen bestehen darf, sondern ein zukunftsgerichtetes, journalistisches Produkt mit hoher Glaubwürdigkeit sein muss.

CP Monitor: Wie wird der Corporate Publishing-Markt in Zukunft aussehen?
Hasenbeck: Die Zeiten sind irgendwann vorbei, in denen wir für ein Unternehmen beispielsweise nur eine Kundenzeitung machen. Wir versorgen unsere Kunden heute rundum mit Mitarbeiter- sowie Vertriebskommunikation,  Geschäftsberichten, Corporate Books und so weiter. Die Kundenmedien, die wir erstellen, bedienen heute häufig schon unterschiedliche Communities. Das heißt, wir produzieren nicht nur eine Kundenzeitschrift, sondern mehrere für die einzelnen Zielgruppen. Die Corporate Publisher müssen sich also wandeln von einem Produktanbieter, der wir in der Vergangenheit waren, zu einem ganzheitlichen Lösungsanbieter, der alle Medienformen anbietet und darüber hinaus auch Beraterfunktionen einnimmt.

CP Monitor: Kann man aktuell auch bestimmte Branchen ausmachen, die besonders große Nachfrage nach CP-Produkten haben?
Hasenbeck: Insbesondere bei Technologiefirmen haben wir, was Corporate Publishing betrifft,  derzeit die größte Dynamik.

CP Monitor: Und in welchen Branchen gibt es den größten Nachholbedarf an gutem Corporate Publishing?
Hasenbeck: Den größten Nachholbedarf gibt es in den Branchen, von denen man es am wenigsten erwartet, da sie das meiste Geld haben. Banken und Finanzdienstleister etwa machen in Deutschland die schlechteste Kommunikation. Diese wird zumeist von Agenturen produziert, die von Qualitätscontent nicht viel verstehen. Aber auch der Mittelstand wird in den nächsten ein bis zwei Jahren seinen Nachholbedarf an Kundenkommunikation verstärkt decken.

CP Monitor: Was sind die Stärken Ihres Verlags, die Sie von konkurrierenden CP-Anbietern abheben?
Hasenbeck: Wir sind momentan der Verlag, der im Bereich Neue Medien ganz vorne mitspielt. Allein im letzten Halbjahr haben wir ein Dutzend E-Journals realisiert, Podcasts und Vodcasts entwickelt sowie neue Handylösungen zum Einsatz gebracht. Das Thema mobile Kommunikation haben wir schon vor drei Jahren gestartet und haben mit Roland Berger, Siemens und Microsoft  einige Top-Kunden gewonnen. Zurzeit haben wir knapp 60 Publikationen im Haus. Und wir sind auch sehr weit, was den Schritt vom Produkt- zum ganzheitlichen Lösungsanbieter anbelangt. Wir haben die gesamte Kompetenz hier im Haus mit über 50 Journalisten, eigener Produktion, Marketing- und Entwicklungsabteilung. In der Kommunikation für Top-Führungskräfte sehen wir fast keinen Wettbewerb. Publikationen wie 'think: act' für Roland Berger oder 'blueline' und 'C' für Hewlett Packard haben ein absolutes Alleinstellungsmerkmal.

CP Monitor: Wie produziert BurdaYukom seine internationalen Ausgaben?
Hasenbeck: Mit eigenen Native-Speekers im Hause, mit einem globalen Netz von freien Autoren und Publishing-Partnern im jeweiligen Land. BurdaYukom hat gerade einen Kooperationsvertrag mit dem größten  Moskauer CP-Verlag Gudok unterschrieben. Mittlerweile erscheinen schon fünf unserer Magazine auf russisch, darunter auch 'think: act'. Das Thema Internationalisierung ist eine riesige Herausforderung für uns. Die Kommunikation in vielen Unternehmen ist noch stark auf Deutschland fokussiert. Wir haben bei BurdaYukom einen eigenen internationalen Bereich, der ein weltweites Netz mit Top-Journalisten koordiniert. Derzeit arbeiten rund 300 freie Autoren für uns. Diese sitzen dann in allen Ländern der Welt. Auf diesem Gebiet hat unser Haus einen klaren Vorteil, da wir über die Netzwerke des Burda-Konzerns verfügen.

CP Monitor: Was sind die Ziele von BurdaYukom für 2007?
Hasenbeck: Wir wollen den Anteil des Umsatzes im Geschäftsfeld Neue Medien eklatant erhöhen. Dazu wollen wir hoch qualifizierte Leute aus diesem Bereich neu einstellen. Es ist heute allerdings schwierig geworden, da noch Top-Mitarbeiter zu finden.

CP Monitor: Welche Umsatzerwartungen haben Sie in diesem Jahr?
Hasenbeck: 2006 hatten wir das beste Jahr unserer Unternehmensgeschichte, was Umsatz und Ertrag betrifft. Im ersten Quartal 2007 haben wir das Vorjahresergebnis bereits getoppt. Wir werden unser zweistelliges Wachstum beibehalten und für das gesamte Geschäftsjahr hoffen wir auf ein neues Rekordergebnis.

CP Monitor: Wer finanziert die Produktion der Kundenmedien? Zahlt der Auftraggeber den Großteil, oder müssen Sie sich durch Anzeigen refinanzieren?
Hasenbeck: Wir verstehen uns als Dienstleister. Und als Dienstleister bezahlt man doch nicht für seine eigene Arbeit. Von daher schließe ich ein rein aus Anzeigen zu finanzierendes Projekt von vornherein aus. Wir gehen bis 25 oder maximal 30 Prozent Anzeigenfinanzierung, aber mehr geht definitiv nicht.

CP Monitor: Was halten Sie von der Idee des neuen Magazins 'Rich' für die oberen Zehntausend? Könnten Sie als CP-Dienstleister sich vorstellen, etwas in der Art herauszugeben?
Hasenbeck: Magazine, die jetzt neu in den Markt kommen, brauchen in dem dichten Zeitschriftenmarkt in Deutschland eine hohe Investitionssumme, um eine Nische beim Leser zu finden. Wieso sollen wir dieses Risiko eingehen? Wir wachsen zweistellig, wir verdienen gut, und wir sind hervorragend positioniert. Viele Unternehmen in Deutschland, egal aus welcher Branche, haben sich in den letzten 20 Jahren von Produktanbietern zu Dienstleistern gewandelt. Die klassische Medienbranche hat diesen Switch noch nicht vollzogen. Und da sehe ich für den Corporate Publishing-Markt die größte Chance.

(Interview: Margit Mair)

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(bmw) 25.06.2007

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