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Donnerstag, 09. Mai 2024

Apotheken-Kundenmagazine: „Lotse im Dschungel“

Hart umkämpft ist der deutsche Apothekenmarkt. Nicht nur, dass die Apotheker untereinander im Wettbewerb stehen, auch die zunehmende Konkurrenz durch die Internet-Apotheken sowie die Deregulierung des Marktes zeigen ihre Auswirkungen. Für Unverständnis sorgte das brandaktuelle Urteil des Oberveraltungsgerichts (OVG) Münster, wonach ein Bestell- und Abholservice für Arzneimittel in Drogerien zulässig ist. Die dm-Drogeriekette darf also künftig in NRW ein Versandhandelsystem gemeinsam mit der Europa-Apotheke, Venlo/Niederlande einrichten. Kunden der Drogeriemärkte können dann ihre Rezepte in den Filialen in einen Kasten einwerfen und die Belieferung von verschreibungspflichtigen Medikamenten wird innerhalb von 72 Stunden in der jeweiligen dm-Filiale erfolgen. Durch die OVG-Entscheidung wird dem Arzneimittelimport somit ‚Tür und Tor’ geöffnet und damit die illegalen Rezeptsammelstellen einfach legalisiert. Für die cirka 21.500 Apotheken in Deutschland ein weiterer Schlag, neben den zusätzlichen Erneuerungen der Gesundheitsreform und den Internet-Apotheken.

Durch diese Situation werden die Apotheken-Kundenmagazine zunehmend an Bedeutung gewinnen. Denn nahe liegend ist, dass der Apotheker noch mehr in die Offensive gehen muss, um seine Kunden an sich zu binden…

Apothekenmagazine – „Qual der Wahl“

Über 20 verschiedene Apothekenmagazine werden dem Apotheker als Kundenbindungsinstrument für seine Kunden angeboten. Zusammen haben die Titel eine verbreitete Auflage von über 18,9 Millionen Exemplaren. Die „Qual der Wahl“ wird noch durch die Apothekerverbände verstärkt, die ihren Mitgliedern auch Kundenmagazine anbieten, um das gemeinsame Corporate Design und Coporate Identity zu stärken. Folglich kann von einem netten nebeneinander dieser Kundenbindungsinstrumente wahrlich nicht die Rede sein, sondern von einem knallharten Verdrängungswettbewerb.

„Der Wettbewerb nimmt zu, denn neben den etablierten Titeln sind auch immer mehr neue Produkte, zum Beispiel Zeitschriften von Apothekengruppen, am Markt. Der Trend könnte daher auch in Richtung von individuellen Lösungen für kleinere Gruppen gehen. Eine zunehmende Rolle spielen auch weiterführende Online-Angebote (zum Beispiel Gesundheits-Checklisten), die über Links oder Meldungen vorgestellt werden. Bei den Formaten erwarten wir keine Änderungen, denn das klassische Zeitschriftenformat ist aus unserer Sicht die ideale Lösung“, erklärt Jürgen Völkel, Verlagsleiter Gebr. Storck GmbH & Co Verlags oHG. Der Oberhausener Verlag publiziert unter anderem die Apothekenmagazine 'Ratgeber und Amphora', 'Meine Apotheke' und‚Apotheken Rätsel-Magazin. Kritisch sieht der Verlagsmanager die Pocketformate, die nur auf Kosten der Lesbarkeit einsetzbar und nicht dem Geschmack der Hauptzielgruppe entsprechen würden. Auch größere Zeitungsformate würden für den Apotheker bei der Lagerung und beim Einsatz im Verkaufsraum Nachteile bringen. „Auch für den Leser, der die Zeitschriften für gewöhnlich mittelfristig aufbewahrt und mehrfach weitergibt, wäre ein größeres Format unpraktisch“, so Völkel.

Leser brauchen Orientierung für die Selbstmedikation

Einen anderen Ansatz sieht 'Neue Apotheken Illustrierte'-Chefredakteurin Jutta Petersen-Lehmann aus dem Govi-Verlag, Eschborn: „Die Leser wollen sich mehr und mehr auch selbst und unter Beteiligung eigener Finanzierung helfen. Sie brauchen aber Orientierung für die Selbstmedikation, wollen auch kein Geld umsonst ausgeben. Auf Seiten der Anbieter sehe ich rege Kreativität auch im Bereich der Nahrungsergänzungsmittel und Medizinprodukte. Von den Anbietern werden wir sehr geschätzt als Transporteur seriöser Informationen, Aufklärung etc..“ Neben dem Titel ‚Neue Apotheken Illustrierte’ gibt der Verlag auch 'Neue Apotheken Illustrierte Extra' heraus, die sich auf Spezialthemen konzentriert. Anders argumentiert Katja Tenhaef, Key Account Managerin im Geschäftsbereich Gesundheitskommunikation der wdv-Gruppe, Bad Homburg: „Die Marktentwicklung geht dahin, dass Apotheken die Verluste mit entfallenden Rezeptumsätzen verstärkt im Bereich der Selbstmedikation ausgleichen müssen. Doch auch in diesem Segment verschärfen sich zusätzlich die Marktbedingungen durch Drogerie- und Verbrauchermärkte. Der Apotheker muss somit seinen OTC-Bereich durch verkaufsfördernde und letztlich kundenbindende Maßnahmen stärken. Dazu gehört auch, dass die Apotheke sich verstärkt als Gesundheitszentrum positioniert.“ Die wdv-Gruppe produziert das erst im letzten Jahr gestartete Apothekenmazin 'vive - Gesundheit erleben!', welches von der vivesco Partner-Apotheken, eine hundertprozentige Tochter der Frankfurter Andreae-Noris Zahn AG, herausgegeben wird. Die angeschlossenen cirka 1.200 Apotheken sind stille Gesellschafter von vivesco.

Qualitativ hochwertige Magazine überzeugen

„Im Markt der Apotheken-Magazine gab es in den vergangen Jahren wahrnehmbare Verschiebungen. Etliche Titel stagnierten, einige verloren an Auflage, andere wurden insolvent. Entgegen diesem Trend konnten die Wort & Bild Magazine ihre IVW-geprüften Auflagenzahlen halten, beziehungsweise sogar deutlich ausbauen. So hat unser Flaggschiff, die 'Apotheken Umschau' zum Beispiel ein Plus von fast 350.000 Exemplaren im aktuellen 3. IVW-Quartal 2006 im Vergleich zum Vorjahresquartal. Dieser Erfolg liegt meiner Meinung nach darin begründet, dass wir konsequent und kontinuierlich in die Qualität und damit in die Seriosität und Zuverlässigkeit unserer Magazine investiert haben und auch zukünftig investieren werden. Apotheker, die unsere Magazine im Rahmen der Patienten- und Kundenberatung einsetzen, können sich somit voll und ganz auf die Inhalte unserer Medien verlassen“, erklärt Dr. Jens Emmer, Geschäftsführer des Wort & Bild Verlags, Baierbrunn bei München. Die ‚Apotheken Umschau’ A+B ist Marktführer im Segment der Apotheken-Kundenmagazine mit einer verbreiteten Auflage von über 8,4 Millionen Exemplaren. Im Verlag erscheinen noch die weiteren Titel 'Senioren Ratgeber', 'Diabetiker Ratgeber', 'Baby und Familie' und 'medizini'. Emmer schätzt den Markt für qualitativ hochwertige Apotheken-Magazine positiv ein. „Das Leserinteresse wird eher noch zunehmen, weil der Informationsbedarf der Apothekenkunden mit einer wachsenden Eigenverantwortung stetig zunimmt“, meint Emmer, „denn für den Berufsstand der Apotheker wird Kundenbindung und Marketing in eigener Sache zukünftig zu einem zentralen Erfolgsfaktor.“

Newcomer im Markt etabliert

Vor fünf Jahren wurde die mkv medienkontor Verlagsgesellschaft, Bargteheide, gegründet. Mittlerweile produziert der Verlag die Apothekenmagazine 'TV Gesund & Leben, 'Linda Magazin' und Magazin aus Ihrer Apotheke' sowie zwei Rätselvarianten für 'Linda' und 'Magazin aus Ihrer Apotheke'. Auftraggeber der beiden letztgenannten Objekte ist der Marketing Verein Deutscher Apotheker e.V. (MDVA), Köln. An diesen Verbund sind über 3.500 Apotheken in Deutschland angeschlossen. mkv medienkontor-Geschäftsführer Michael Holzknecht: „Die mkv medienkontor Verlagsgesellschaft hat es geschafft innerhalb von nur fünf Jahren in die Top 3 der Anbieter für Apotheken-Kundenzeitschriften aufzusteigen. Dank unserer engen Zusammenarbeit mit Apotheken und unseren innovativen Vertriebs- und Produktionsstrukturen können wir auch zukünftig auf die Veränderungen im Markt schnell reagieren.“

Apotheken-Kundenmagazin als Motor für OTC-Abverkäufe?

Zum Heftkonzept aller Magazine gehören neben zahlreichen Tipps und Informationen zur Selbstmedikation auch die Produktvorstellungen der Innovationen im OTC-Bereich. Apotheken-Kundenmagazine sind Kundenbindungsinstrumente, aber führen sie auch zu erhöhten Abverkäufen in den Apotheken?

„Die Resonanz unserer Anzeigenkunden ist sehr positiv. In vielen Fällen führen regelmäßige Anzeigenschaltungen auch zu einer Extra-Bevorratung bei den Apotheken“, sagt Holzknecht. Ergänzend Emmer: „Die Magazine des Wort & Bild Verlags genießen bei den Lesern eine außerordentlich hohe Glaubwürdigkeit und Leser-Blatt-Bindung, was durch eine umfangreiche und aufwendige Marktforschung regelmäßig bestätigt wird. Die hohe Glaubwürdigkeit wirkt sich nachweislich positiv auf die darin enthaltenden Anzeigen und damit auf den Abverkauf der in den Anzeigen beworbenen Produkte aus. Die hohe Kundenbindung wird an der Aussage von über 50 Prozent der ‚Apotheken Umschau’-Leser deutlich, dass sie sogar ihre Apotheke wechseln würden, wenn sie die Zeitschrift dort nicht mehr bekommen.“

Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch Völkel von Gebr. Storck: „Die Reaktionen auf Produktinformationen in unseren Medien sind sehr positiv. Rund 88 Prozent unserer Leser würden sich beim Apotheker weitere Informationen über Produkte einholen, an denen sie Interesse haben. Über 90 Prozent würden diese dann auch in der Apotheke kaufen.“ Genauso sieht es Petersen-Lehmann, Chefredaktion ‚Neue Apotheken Illustrierte’: „Uns zeigen Nachfragen auf allen Ebenen – von Lesern, von Apothekern und vom Großhandel, dass wir sehr starke Nachfrage mit unseren Artikeln erzeugen.“

Der Apothekermarkt

Nach dem Gruner + Jahr Branchenbild ‚Gesundheitsmarkt’ zogen die Apothekenumsätze im Jahr 2005 wieder an auf Basis der Apothekeneinkäufe mit einem Umsatzvolumen von 22 Milliarden Euro. Gegenüber 2004 ist das ein Plus von neun Prozent. Laut Statistischen Bundesamt stiegen die Umsätze nominal um 6,9 Prozent. Im Jahr 2004 waren sie noch um 0,5 Prozent zurückgegangen. Während die Umsätze mit rezeptpflichtigen Medikamenten deutlich um knapp sieben Prozent auf 17,62 Milliarden Euro stiegen, lagen die Erlöse bei den rezeptfreien Arzneimitteln mit einem Plus von 0,6 Prozent auf 3,12 Milliarden Euro knapp über dem Wert im Jahr 2004. Trotz des leichten Plus bei den nicht verordneten rezeptfreien Arznei- und Gesundheitsmitteln konnten die Apotheken die Verluste durch die entfallenen Rezeptumsätze nicht kompensieren. Der Grund liegt hierfür in der Umsetzung des GesundheitsModernisierungsGesetzes (GMG), in den weitestgehend aus der Erstattungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen herausgenommenen verordneten rezeptfreien Arznei- und Gesundheitsmittel.  Auch die Selbstmedikation mit rezeptfreien und frei verkäuflichen Arzneimitteln in und außerhalb der Apotheke macht mittlerweile mehr als 17 Prozent des Gesundheitsmarktes aus und auf Gesundheitsmittel in und außerhalb der Apotheke entfallen fast fünf Prozent.

Aber noch weitere Kriterien werden für Veränderungen im Apothekenmarkt sowie für ein Umdenken sorgen. Wie unter anderem eine in den nächsten Jahren zu erwartende Liberalisierung des Fremdbesitzverbotes. Bereits seit Anfang 2004 können Apotheker in ihrem Umkreis bis zu drei Apotheken betreiben. Nahe liegend ist, dass dann wie in anderen europäischen Ländern das Apothekengeschäft verstärkt von Pharmagroßhändlern mit großen Apothekenketten dominiert wird. Ein Domino-Effekt, denn davon könnten auch die Drogeriemarktbetreiber profitieren. Der Weg dafür wurde durch das aktuelle OVG-Urteil von Münster geebnet.

Nichtsdestotrotz haben nach wie vor die Apotheken eine besonderen USP, den sie für die Zukunft ausbauen sollten. Kompetenz und Qualitätsanspruch differenziert sie von den Discountern, so dass sie ihre Beratungskompetenz auch in Verkaufspotenzial umsetzen sollten sowie maßgeschneiderte Kundenbindungsinstrumente wie Apotheken-Kundenmagazine.
 

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(bmw) 22.11.2006

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