Warum der Ball rund ist

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Dr. Jan Pierre Klage beschreibt was Multichannel-Marketing vom modernen Fußball lernen kann

Wie erfolgreich kann Multichannel-Marketing sein, wenn alle Beteiligten unabhängig voneinander operieren? Kurz vor der Fußball WM könnte man auch fragen, wie man erfolgreichen Fußball spielt, ohne miteinander zu reden oder zu trainieren. Da macht der Anzeigenverantwortliche sein Ding, ohne sich mit der Katalogabteilung auszutauschen. Die wiederrum hat keine Verbindung zur Redaktion des Kundenmagazins. Und wo die „Digital Natives“ mit ihren Websites und Apps sitzen, weiß ohnehin niemand. Wer Medienkanäle in einer derartigen Aufstellung bespielt, darf sich auf Platzierungen im Tabellenkeller einstellen, widersprüchliche Markenbotschaften und ausbleibende Synergieeffekte sind die Begleiter auf dem Weg dorthin.

Modernes Multichannel-Marketing braucht Workflows, die eng miteinander verzahnt sind, Veränderungen in den Anforderungen gleich mit einplanen und es erlauben, flexibel darauf zu reagieren. Genau das leistet agiles Prozessmanagement, weil es immer davon ausgeht, dass sich etwas ändern kann und deshalb nur eine grobe Richtung vorgibt und ständig neu korrigiert. Agiles Management setzt vor allem auf die Eigenverantwortung von Teammitgliedern, sorgt im Umkehrschluss aber auch für besonders motivierte Mitarbeiter. Um es in der Fußballsprache zu sagen: Starre, schrittweise und voneinander getrennte Abläufe, das ist Multichannel-Gekicke von gestern. Lebendige, sich zurückkoppelnde Entwicklungsprozesse, das ist moderner Fußball. Workflows und Spielsysteme, die jeden einschließen. Nur so lässt sich gemeinsam und schnell auf Veränderungen reagieren. Und das lässt sich lernen. Folgen Sie mir auf das Trainingsgelände des F.C. Bayern München.

Josep Guardiola wurde in der Jugendakademie des FC Barcelona ausgebildet und spielte elf Jahre als Mittelfeldspieler für den Verein. 2007 begann er auch dort seine Trainerkarriere. Guardiola erkannte sehr früh, dass die Dinge niemals stillstehen. Jeder Tag, jedes Spiel, jede Situation ist anders. Jeder Gegner und jeder Wechsel können zu neuen Situationen und Herausforderungen führen. Und so bleibt auch bis heute alles möglich im System des Bayern Trainers. Weil er seine Spieler aus ihrer Komfortzone holen will, sie zum Perspektivwechsel und zum Mitdenken zwingen möchte. Guardiolas Spielidee gründet dabei auf einer Form der ständigen Bewegung und Variation und ist damit so etwas wie die Weiterentwicklung des von ihm geprägten Kurzpassspiels des FC Barcelona.

Agile Teams

Bevor Produktion und Technik agil werden können, müssen wir aber selbst agil werden. Wie sieht das Rüstzeug für ein agiles Team aus? Bislang sind die Rollen und Zuständigkeiten auf die gängigen Berufsfelder und Funktionseinheiten klar aufgeteilt. Eingespielte Teams von Spezialisten, die ihre Parts professionell abarbeiten. Im agilen Prozess braucht es Spezialisten, die auch als Generalisten einsetzbar sind, die mit- und weiterdenken. „Wir spielen linken Fussball. Alle machen alles“, sagte Guardiola kürzlich in einem Gespräch mit FOCUS. „Je mehr Mittelfeldspieler Du hast, desto einfacher ist es, sie auf anderen Positionen einzusetzen.“ Beim FC Barcelona soll er in manchen Spielen das System fünf- oder sechsmal geändert haben. Sein Team, von klein auf an diese Variationen gewöhnt, schaltete auf Zuruf um. Kein „Umsetzen" des Antrainierten, sondern kollektive Improvisation: Jeder kann was, keiner kann alles, niemand nichts. Was ich kann, gehört den anderen. Was die anderen nicht können, verpflichtet mich.

Change Management

Als Guardiola in München zu den ersten Trainingseinheiten bat, fragten sich viele, warum man eine Mannschaft, die das Triple gewonnen hatte, überhaupt verändern sollte. Warum der neue Trainer so viel experimentierte? Die klassischen Außenverteidiger Lahm und Alaba in gestaltenden Mittelfeldrollen? Der defensive Stratege Schweinsteiger in eine zentrale Position im offensiven Vierer-Mittelfeld? Der Außenstürmer Ribéry in der Mitte als Angreifer, der manchmal auch Mittelfeldspieler ist und umgekehrt? In den ersten Wochen produzierte das in der täglichen Trainingsarbeit und auf den Spielfeldern eine Menge Verwirrung. Die Bayern waren einfach noch nicht so weit. Sie hatten mit der Abkehr von ihrem seit Jahren gewohnten Spielsystem einfach genug zu tun. Keine leichte Phase. Guardiola arbeitete im Training an der Umstellung von Mann- auf Raumdeckung bei gegnerischen Eckbällen. Verwandelte Aufwärmübungen zu einem Passtraining mit jeweils nur einem Ballkontakt. Testete Spieler in anderen Positionen als den gewohnten. Und strebte eine Bandbreite an taktischen Optionen an, die häufige Systemwechsel im Laufe einer Partie ermöglichen konnten. Was hatte man Pep Guardiola nicht alles für Probleme prophezeit: auf der Bank murrende Stars, das Team überfordernde Positionswechsel, das schwierige neue System, die fragile Motivation eines Teams, das alles gewonnen hat. All das sah zwischenzeitlich wie ein mächtiges Problem aus. Nie wurde es eins. Guardiola hat das typisch deutsche Festhalten an dem, was bisher funktioniert hat, diese Angst vor dem spielerischen Ausprobieren anderer Möglichkeiten, einfach charmant ignoriert.

Bevor ich es vergesse, hier noch die entscheidende Frage: Liebe Multichannel Marketing-Spezialisten, wisst Ihr eigentlich, warum der Ball rund ist? Er ist rund, damit das Spiel die Richtung wechseln kann.

Tipp für alle die agil werden wollen: agile-publishing.de
Tipp für alle, die Fußball mögen: DER BALL IST RUND, DAMIT DAS SPIEL DIE RICHTUNG ÄNDERN KANN - WIE MODERNER FUSSBALL FUNKTIONIERT von Christoph Biermann (KiWi Verlag).


Dr. Jan Pierre Klage ist Inhaber der Dr. Klage Management Beratung (drkmb), Hamburg. Als Berater und Trainer mit dem Fokus auf die Medienbranche liegen die Kompetenz-Schwerpunkte von drkmb auf den Themenfeldern Führung und Kommunikation sowie Team- und Organisationsentwicklung. Zudem begleitet drkmb Publisher und Mediendienstleister in Change-Prozessen. Klage verfügt über mehr als 20 Jahre Führungserfahrung in der Medienbranche mit. Der langjährige Marketingleiter der F.A.Z. war von 2007 bis 2012 als Geschäftsführer des Hamburger Jahreszeiten Verlags tätig, bevor er 2013 den Publishing-Dienstleister Next Level Publishing gründete. Klage war viele Jahre Vorstandsmitglied der international newspaper marketing association in Dallas und VDZ-Vorstandsmitglied.

Das drkmb-Kundenportfolio reicht vom Radiovermarkter SAR, Magdeburg, über die  Hamburger Agentur KNSK bis hin zu den Digitaldienstleistern Lovely Systems in Österreich und mindworks, Hamburg. Zu den Kunden von drkmb gehören auch Agenturen und Publisher aus dem asiatischen Raum, wie The Color Club in Saigon, brandworx in Bangkok und die Verlagsgruppe Indochine Media in Singapur.




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(bmw) 03.06.2014


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