News

Freitag, 29. März 2024

Euroform-Kongress: Ist Second Life am Ende?


Ist nur aller Anfang schwer oder gehört die gehypte virtuelle Welt schon wieder der Vergangenheit an? Auf dem Euroforum ‚Second Life’-Konkress diskutierten Experten, ob Second Life für Firmen noch Sinn macht.

Derzeit hat ‚Second Life’ mit schwindenden Usern zu kämpfen, zwar gehört die Site (noch) zu den nutzerstärksten virtuelle Welt (Spiele ausgenommen), aber die Zahl der aktiven Nutzer stagniert und liegt weltweit bei cirka 500.000.  Deutschland ist mit rund 50.000 aktiven Nutzern auf Platz zwei hinter den USA und damit laut Official Linden Lab Statistics (June 2007) stärkste Community in Europa.

‚Second Life’ ist sind ein Beteiligungsmedium, sodass der Interaktionsgrad bei virtuellen Welten sehr viel höher ist als bei reichweitenorientierten Medien wie zum Beispiel Web 1.0. Daher empfiehlt Dr. Christian Bachem, Partner bei .companion, Crossmedia-Kampagnen als „intelligente Verbindung“ von Reichweiten- und Beteiligungsmedien. Mit virtuellen Welten werde eine Intensität in der Kundenbeziehung erreicht, die mit keinem anderen Internetansatz bislang erreicht wurde.

‚Second Life’ bekommt Konkurrenz

Zwar kann sich ‚Second Life’ als erster Anbieter einer virtuellen Welt dieses auf die Fahnen schreiben, jedoch werden weitere folgen oder stehen schon bereits in den Startlöchern. Wie zum Beispiel Sony mit der auf Computerspieler fokussierten virtuellen Welt ‚Home’ und die Kooperation aus Electronic Arts und Endemol zur Zweitvermarktung von Medienformaten in ‚Virtual Me’ werden künftig Paroli bieten.  Auch große Fernsehgesellschaften bringen sich in Anbetracht schwindender Zuschauerzahlen in Position, um mittels Digitaler Welten aus Zuschauern Teilnehmer zu machen und sie so stärker an sich zu binden.

MTV startete das bislang erfolgreichste Projekt in ‚Second Life’ und baute ihre Präsenz inzwischen auf die drei themenspezifischen Welten ‚Virtual Laguna Beach’, ‚Virtual Hill’ und ‚Virtual Pimp my Ride’ aus. ‚Virtual Me’ will noch einen Schritt weiter gehen und „beliebte“ Quiz-Shows online veranstalten wie zum Beispiel ‚Deal or no Deal’, ‚Einer gegen 100’ und ‚Fear Factor’.

Auch Big-Player wie Google und Microsoft sind laut Prof. Dr. Dr. Thomas Schildhauer, Leitender Direktor Institute of Electronic Business e.V., aktiv. Google erlaubt seit Anfang Juli Plakatwerbung in Google Earth und stellt mit ‚Google Street View’ Fotomaterial ausgewählter Straßenszenen dar. Microsoft geht noch einen Schritt weiter und fügt mit ‚Photosynth’ Bilder eines Gebäudes beziehungsweise eines Straßenzuges so zusammen, dass in einer 3D-Darstellung abhängig vom Betrachtungswinkel und -ausschnitt eine Bildauswahl getroffen wird.

Die Frage nach der Konvergenz dieser unterschiedlichen Ansätze blieb jedoch auf der Euroforum-Konferenz offen. Sicher ist nur, dass es auf jeden Fall viele unterschiedliche digitale Welten geben wird und es sich dabei nicht um einen flüchtigen Hype handeln werde.

Nach Ansicht von Elephant Seven werden die virtuellen Welten künftig den Umgang mit dem Internet dauerhaft beeinflussen und geht konform mit den Ergebnissen einer IBM weltweiten Befragung von Kunden, Lieferanten und Mitarbeitern. Aus 110.000 relevanten Vorschlägen extrahierte IBM 35 ‚Big-Ideas’, die unsere Zukunft verändern werden. In zehn ausgewählte ‚Big-Ideas’ will IBM insgesamt 100 Millionen Dollar investieren und virtuelle Welten gehören zu dieser Gruppe. Derzeit sind die Nutzerzahlen noch gering, sie werden sich nach Ansicht der Experten aber rasant entwickeln

Laut einer Gartner-Studie vom April 2007 werden 80 Prozent aller aktiven Internetnutzer im Jahr 2011 ein ‚Second Life’ haben. „Bislang handelt es sich bei den digitalen Welten zwar noch um ein Nischen-Phänomen, die Nutzerzahl verdoppelt sich aber alle zwei Jahre," führte Prof. Dr. Dr. Thomas Schildhauer aus. Die Experten beziffern derzeit das Potenzial auf 30 bis 80 Millionen Nutzern weltweit. Voraussetzung jedoch für den langfristigen Erfolg digitaler Welten sind  Standards, die es ermöglichen, mit einem Browser unterschiedliche Angebote zu nutzen. Aber auch hier steht die Entwicklung noch in den Kinderschuhen. Es werden wohl noch zehn Jahre vergehen, bis das Web 3.0 - darunter versteht man digitale Welten, semantische Netze und weitere Entwicklungen - täglicher Bestandteil unseres (ersten) Lebens geworden ist.

Vom „Skeptiker zum Befürworter“

Aber was erreicht man heute schon mit virtuellen Welten? Projektverantwortliche von Mercedes-Benz, EnBW, Softlab Group und Bunch.TV erläuterten auf der Euroforum-Konferenz, wie reale Unternehmen heute bereits virtuelle Welten nutzen können und was dabei zu beachten ist. Thomas Siegner, Marketingleiter Softlab Group, stellte seine ‚Second Life’-Erlebnisse als Führungskraft eines IT-Unternehmens vor. Er wurde „vom Skeptiker zum Befürworter", obwohl die Besucherzahlen des Firmauftritts sehr überschaubar seien. Innerhalb von drei Monaten besuchten nur 1.400 ‚Second Life’-User das Angebot der Softlab Group. Bei einer von Studenten der FH München vollständig in Eigenleistung realisierten Recruiting-Veranstaltung nahmen gerade einmal 40 Bewerber teil. Wie bei vielen ‚Second Life’-Projekten ist die mediale Wirkung außerhalb des ‚Second Life’ sehr viel größer. So wurde das Video der Recruiting-Veranstaltung bei You-Tube 284.000 mal betrachtet.

EnBW und Mercedes-Benz ziehen erfolgreiche ‚Second Life’-Bilanz

Beeindruckender sind hingegen die Zahlen des EnBW-Auftritts, die Matthias Schultze, Leiter CRM & Neue Medien EnBW Energie Baden-Württemberg AG, präsentierte. EnBW verteilte Rucksäcke in ‚Second Life’, aus denen Fußball-Trikots an andere Second Life-Nutzer verteilt werden konnten. Jeder Trikot-Träger nahm automatisch an einem Gewinnspiel teil, so dass sich innerhalb von drei Wochen 15.000 Trikot-Träger fanden, die als wandelnde EnBW-Werbetafeln ‚Second Life’ überfluteten. Als Reaktion registrierte EnBW 2.000 Besucher in der EnBW-Arena, von internationalen ‚Second Life’-Nutzern wurde EnBW allerdings für einen Trikot-Hersteller gehalten. Durch weitere Aktionen wie zum Beispiel dem ‚EnBW-Energy-Park’ als Parallelveranstaltung zur Hannover Messe schaffte es EnBW auf 80.000 Nennungen in Google und: „Unser SL-Engagement hat wesentlich zur Steigerung unserer Markenbekanntheit beigetragen", erklärt Schultze.

Sven Dörrenbächer, Leiter Digitale Kommunikation Mercedes-Benz PKW, zog ebenfalls eine positive Bilanz des ‚Second Life’-Engagements seines Unternehmens. 100.000 Avatare besuchten über einen Zeitraum von drei Monaten die Ausstellung der neuen C-Klasse. Noch intensiver beschäftigten sich 24.000 Testfahrer mit dem Auto, sie nahmen im ‚Second Life’ an einer 15-minütigen Testfahrt teil. Das Interesse an der neuen C-Klasse war zeitweilig so groß, dass Shopping-Mall- und Community-Betreiber bei Mercedes-Benz um die Ausstellung des Fahrzeugs auf ihrem Land im ‚Second Life’ baten. Ein Mercedes ist eben ein Publikumsmagnet - im Ersten wie auch im Zweiten Leben.

Macht ‚Second Life’ noch Sinn für Firmen?

Auf Publicity ausgelegte Projekte, stagnierende Nutzerzahlen in Europa und Pressemeldungen über zuviel Sex, Gewalt und Pädophilie drängen die Frage auf, ob reale Firmen jetzt noch in ‚Second Life’ einsteigen sollten. „Der gleiche Effekt wie zum Anfang des Jahres wird man derzeit in Deutschland nicht mehr erreichen können", gab Matthias Schultze zu bedenken. Abwarten und Beobachten sei im Hinblick auf die Potenziale digitaler Welten aber nicht die richtige Entscheidung. Vielmehr raten die Experten jetzt Auftritte und Aktionen in virtuellen Welten durchzuführen und schnellstmöglich Wissen aufzubauen. Jedes Unternehmen müsste für sich klären, wie es sich optimal in digitalen Welten präsentiert, wie es mit Besuchern und Kunden interagiert und welche der digitalen Welten das größte Potenzial bieten könnte.

zurück

(bmw) 31.07.2007

CP Guide

Top-Dienstleister für Content Marketing































































































































































































































































































     

Printausgabe